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Die Angst über Angst zu reden - und wieso ich genau deshalb darüber schreibe.

 

 

Um mich war es länger still hier. Mein Unialltag, vor allem aber die Prüfungsphasen fordern mich gesundheitlich jedes Mal sehr heraus. Ich kann mir noch so viel am Ende der Semesterferien vornehmen, was ich im nächsten Semester anders machen möchte, sobald die ersten Wochen vergangen sind, bin ich im Strudel gefangen. Ich funktioniere einfach nur noch und versuche die letzten Semesterwochen, in denen Prüfungen und Hausarbeiten geschrieben werden unbeschadet zu überstehen. Nach viel Spaß und Freude hört sich das nicht an, ich weiß. Vermutlich geht das jedem Studenten so oder so ähnlich. Die Herausforderung für uns chronisch Kranke ist aber um ein Vielfaches größer. Aber im Vergleich zu den ersten Semesterenden im Bachelor, welche ich jedes Mal mit einer I.V Therapie, also einer intravenösen Antibiotika-Behandlung, im Krankenhaus verbracht habe, ist es eine Steigerung finde ich. Ich habe unheimlich hohe Ansprüche an mich selbst, vergleiche mich meistens mit gesunden, hochleistungsfähigen Menschen und lebe nach dem Motto, „wenn, dann richtig“. Das kostet viel Energie und sicherlich ist dies auch nicht der schonendste Weg. Aber es ist mein Weg. 

 

Als ich letztes Jahr meinen Traum (dieser Blog hier) verwirklicht habe, habe ich mir selber versprochen, dass dieser Blog nicht zu meinem zweiten „Studium“ wird, der mir Druck macht und dazu führt, dass mein Alltag noch stressiger wird. Dies passt nicht wirklich zu meinem Motto „wenn dann richtig“ aber da der Blog so ein Herzensprojekt ist, wollte ich nicht, dass er mir irgendwann zur Last fällt. Daher habe ich mich während des Semesters daran erinnert, dass ich den Blog nicht als weiteren Stress-Faktor in meinem Leben haben möchte und habe ihn deshalb ruhen lassen. Auch wenn mir das schwer fiel. Es erinnert mich aber immer wieder daran, 

 

Warum ich diesen Blog schreibe 

 

Ich habe die Entscheidung getroffen, mit dem Blog zu beginnen als ziemlich genau vor einem Jahr Alex, einer meiner besten Freunde gestorben ist. Dieser Freund hatte auch Mukoviszidose. Ich hatte Alex vor zehn Jahren auf Amrum auf einer Reha kennengelernt. Seitdem haben wir nicht nur jede Reha zusammen verbracht, wir haben auch unsere Ängste und unsere Sorgen geteilt. Manchmal lagen wir sogar zeitgleich im Krankenhaus - er in München und ich in Hamburg. Wir haben stundenlang telefoniert und uns gegenseitig ein bisschen bemitleidet. Alex Tod letztes Jahr kam für mich ziemlich plötzlich. Er lag zwar vorher einige Wochen im Koma, ich hatte jedoch nicht damit gerechnet, dass er gehen könnte. Was für mich jedoch noch plötzlicher und überraschender kam, waren die Worte der Rednerin  bei seiner Beerdigung. Sie erzählte, wie viele Gedanken Alex sich über den Tod und das Sterben gemacht habe und wie häufig er mit seiner Mama darüber gesprochen habe. Mich berührte das ungemein es machte mich aber auch unglaublich traurig. Ich wusste, dass ich eine der wenigen mit denen er über Ängste gesprochen hatte, mit mir hatte er jedoch nie über das Thema Tod geredet. 

 

Was mich im Nachhinein so traurig macht war, dass so wenige von uns CFlern über solche Themen sprechen. Wir behalten die wirklich schmerzhaften Themen für uns. Wir trauen uns nicht, darüber zu reden, haben Angst vor der Reaktion oder wollen nicht bemitleidet werden. Mir ist es selbst viele Jahre so gegangen. Aber ich habe in diesem Moment, in dem auf Alex Beerdigung saß, beschlossen, für uns beide öffentlich über Ängste, Sorgen und ja, auch über den Tod zu sprechen. Für dich lieber Alex, und auch für mich!. Ich möchte aufstehen und über diese wichtigen, aber vielleicht auch ungemütlichen Dinge im Leben sprechen. Wie sonst soll unser Umfeld wissen, wie man sich als Mensch mit Mukoviszidose fühlt? Wie soll man wissen, was wir denken, was wir fühlen und wovor wir Angst haben? Ich möchte aber auch darüber schreiben, wie man Ängste und Sorgen in Mut und Lebensfreude umwandeln kann – denn darauf kommt es an. 

 

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Kommentare: 2
  • #1

    A. M. (Sonntag, 17 März 2019 17:35)

    Danke dir, liebe Carina, für diese Worte.
    Auch ich , als Mutter von einem CF-Baby, habe Ängste, lebe in ständiger Sorge und bin öfter am Ende meiner Kräfte. Jetzt schon!
    Danke, dass du darüber schreibst. Ich lese gerne deine klugen Texte.
    Liebe Grüße aus Frankfurt.

  • #2

    Nele (Samstag, 23 März 2019 19:07)

    Sehr mutig!
    Pass auf Dich auf ❤️